Nie wieder Krieg, nie wieder …
Der Nachsorge bei Krebs wird sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt, und jeder, der ihn hatte, wird sich dem auch unterziehen, wenn er nicht ohnehin schon das Alter erreicht hat, in dem man vergisst, warum man gewesen ist.
Das Ziel: den Erfolg der Behandlung kontrollieren und einen Rückfall sowie Krankheits- oder Therapiefolgen frühzeitig erkennen. Zum Nachsorgeprogramm gehören regelmäßige Untersuchungen, psychosoziale Beratungen zum Umgang mit den Folgen der Erkrankung im Alltag und bei Bedarf auch weitere Therapien. Den Nachsorgeplan gestalten die behandelnden Ärzte individuell. Je nach Tumorart, Krankheitsstadium und Therapie kann der Übergang zwischen Krebsbehandlung, Verlaufskontrolle und Nachsorge fließend sein.
Anders ist die kritische historische Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges vonstattengegangen. Die Untersuchung des Nachkriegserbes auf Reinkarnationen der Eliten des Dritten Reichs verlief nach den Nürnberger Prozessen gelinde gesagt mit der gleichen Gründlichkeit, wie sich die SED ihren kommunistischen Vorsätzen nach dem VIII. Parteitag verpflichtet fühlte.
Es waren in Ost und West keine Friedensfürsten unterwegs. Die einen wollten ohne Gott und die andern mit ihm das Gute Leben, bevor sie taten, was sie parlamentierten und volkskammerten.
»Nie wieder Faschismus!«, hieß es. Aber schon bei der Frage, wer war Täter, wer nur Mitläufer, stockte der gute Vorsatz.
»Die Aufweichungstendenzen der Denazifizierung in der späten Besatzungszeit gingen dann in der jungen Bundesrepublik nahtlos in die sogenannte ›Integrationspolitik‹ der frühen 50er Jahre über. Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit lehnten die meisten Deutschen rundweg ab; eine Vergangenheitsbewältigung fand so gut wie gar nicht statt. Auch wenn das offene Bekenntnis zum NS-Staat nicht möglich war: Allzu bohrende Fragen an die Vergangenheit und Verantwortung deutscher Bürger – unterhalb der obersten Führungsebene – zu stellen, war ein absolutes Tabuthema der (frühen) Ära Adenauer.« (6)
Im Jetzt hatten wir nie Zeit für »Sentimentalitäten«, schließlich musste die Wirtschaft in Schwung gebracht werden. Der Mohr von Sarotti (7) und das HB-Männchen – Manager des Wirtschaftswunders – waren die Tänzer auf dem Seil des wirtschaftlichen Segens, derweil im Bonner Justizministerium noch Juristen agierten, die schon dem NS-Regime willfährig gedient hatten.
Und im Osten? Die Moralisierung des bewaffneten Friedens gepaart mit dem Nichtvertrauen in die Wahrheitsbereitschaft einer jungen Generation, die bereitstand, mehr zu arbeiten als zu verdienen, schlug um in einen Überwachungsmodus der Willkür und machte gesamtgesellschaftliche Verantwortung lediglich zum Aufsatzthema.
Was war die Mauer? Ein antifaschistischer Schutzwall? Nein, im Nachhinein vergebene Liebesmüh’ für einen halbherzigen Neuanfang.
Und jetzt?
Wir haben gemeinsam ein sehr breites Angebot an Konsumgütern, darunter jede Menge Schokolade (aber Gott sei Dank ohne den Mohren), soweit die Plantagen reichen. Aber eben auch die dumpf-klotzende Masse der ewig Zukurzgekommenen.
Und ihr lacht, wenn ich sage, ich werde keines natürlichen Todes sterben. Es ist zum Heulen, wenn Diana, die Nichte meiner Frau, zu mir sagt: »Wofür brauchen wir denn Geschichte?« Es wird ein dummer Junge in ihrem Alter sein, der mir den Schädel einschlägt, weil er Angst vor der Wahrheit hat. Angst hat, zuzugeben, dass er sich geirrt hat.